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Orientierungslauf (OL) - Berührungspunkte für Jagdpächter und Waldbesitzer

Der Wald wird gleichermaßen von Waldbesitzern, Jägern und Orientierungsläufern genutzt.

Der Wald wird gleichermaßen von Waldbesitzern, Jägern und Orientierungsläufern genutzt.

Für den Jäger ist es eine Einstandsfläche für das Wild, für den Orientierungsläufer ist es ein Dickicht "Grün 3", das er nach Möglichkeit meidet.

Für den Jäger ist es eine Einstandsfläche für das Wild, für den Orientierungsläufer ist es ein Dickicht "Grün 3", das er nach Möglichkeit meidet.

Jagdpächter, Jäger und Orientierungsläufer Siegfried Liebl gibt wertvolle Informationen für ein gutes Miteinander von Jägern, Waldbesitzern und Orientierungsläufern bei der Waldnutzung

Telefon und ein Jagdpächter in Bayern denkt, "hoffentlich nicht schon wieder ein Wildunfall mit einem Reh!". Stattdessen erzählt ein Fremder, er rufe stellvertretend für den Sportverein XY an und man möchte doch gerne einen Orientierungslauf im Wald seines Jagdrevieres abhalten. Ob er denn da nichts dagegen hätte. Sonst könnte man sich ja mal treffen und alles Nötige besprechen.

So oder ähnlich könnte der erste Kontakt eines Jägers mit der Sportart Orientierungslauf (kurz "OL") ablaufen. Dabei kommt dann der Waidmann ins Grübeln: "wieder Leute, die kreuz und quer durch meinen Wald laufen, das Wild durch die Dickungen jagen, vermutlich laut lärmend zur idealen Ansitzzeit auftauchen auch noch ihren Müll hinterlassen …..".  Der Jagdpächter denkt an seinen zu erfüllenden Abschussplan, den Verbiss an der Tanne, wenn sich die Rehe nicht mehr aus den Dickungen trauen, das Vegetationsgutachten, den Jagdvorsteher, die bevorstehende Drückjagd, den Sammelansitz und wer weiß an was sonst noch.

Mit diesem Artikel möchten wir Informationen liefern, um ein Verständnis für unseren Sport zu wecken und versuchen, Vorbehalte zu entkräften.

Beim Orientierungslauf bekommt der Läufer eine sehr genaue topografische Karte, bei der nicht nur Forststraßen, Wege, Bäche und Höhenlinien eingezeichnet sind, sondern auch Vegetationsbestände wie Dickungen, Lichtungen, oder auch Felsen, Steine und Hochsitze. Mit Hilfe dieser Karte muss der Läufer die auf der Karte eingezeichnete Objekte in der angegebenen Reihenfolge anlaufen und wenn er diese – z.B. einen Felsen – gefunden hat, mit Hilfe eines kleinen Computerchips, quittieren. Am benannten Felsen wird dazu ein kleiner rot-weißer Postenschirm aufgestellt, an dem eine kleine EDV-Station befestigt ist. Diese wird abgestempelt und damit der Nachweis erbracht, dass der Posten gefunden wurde. So läuft der Sportler seine Bahn ab, mit möglichst wenig Orientierungsfehlern und so schnell es ihm möglich ist. Die Konkurrenten starten auf der gleichen Bahn dann zeitversetzt. Sieger der jeweiligen Kategorie ist, wer alle Posten der Bahn in der richtigen Reihenfolge in der kürzesten Zeit abgelaufen hat. Wie der einzelne Läufer seine jeweiligen Posten anläuft, ist ihm selbst überlassen. Es liegt im Geschick des Bahnlegers, er plant die Bahnen, diese so interessant zu gestalten, dass mehrere verschiedene Routenwahlen zu den einzelnen Posten möglich sind und der Läufer sich situativ für die vermeintlich schnellste entscheiden muss. Hierin liegt neben dem fantastischen Naturerlebnis der Reiz dieser Sportart, dass eben jeder Lauf komplett anders ist.

Da sich bei diesen Routenwahlen zwangsweise auch solche ergeben, die nicht auf Wegen führen, weil die direkte Linie – z.B. quer durch den Hochwald – die schnellste Route sein wird, führt zu möglichen Interessenskonflikten zwischen Läufern und Jägern. Gerade der Jagdpächter fühlt sich an andere Waldbesucher erinnert, die auch den Wald nutzen, ohne dafür zu bezahlen, wie er es jedoch in aller Regel muss. Waldbesucher wie z.B. Geocacher, Pilzsucher, Mountainbiker, Crossläufer, Reiter, Hundebesitzer und weitere Personengruppen nutzen kostenlos den Wald, ohne in der Regel eine Leistung dafür erbringen zu müssen. Der Jäger zahlt und soll obendrein tunlichst seinen Schalenwildabschuss erfüllen.

Worin liegt dann der Unterschied zu obig benannten Waldnutzern und den Orientierungsläufern?

Die Orientierungsläufer sind kein wilder Haufen sensationshungriger Sportler, sondern erst einmal in einem – meist ortsansässigen – Sportverein organisiert. Das bedeutet, sie sind greifbar. Der Sportverein ist dann auch meist Ausrichter diverser Wettkämpfe. Diese werden mit den Grundstückeigentümern wie z.B. den Bayerischen Staatsforsten, oder auch den Jagdvorstehern der Jagdgenossenschaften abgesprochen. Meist gibt es darüber hinaus – wie bei Landesveranstaltungen üblich – einen Gestattungsvertrag. Ansprechpartner für den Jäger oder Grundeigentümer ist der Leiter der OL-Abteilung des Vereines oder der Gesamtleiter der Veranstaltung. Er ist bekannt und bemüht, eine möglichst reibungslose Veranstaltung abwickeln zu können.

So hat sich in den letzten Jahren auch bei den bayerischen Orientierungsläufern ein Bewusstsein für die Belange der Jagd entwickelt. Der Bahnleger trägt hierfür eine enorme Verantwortung. Er kann durch geschickte Bahnlegung die möglichen Routenwahlen so konstruieren, dass große Einstandsflächen gemieden werden, weil es für den Läufer keinen Sinn ergibt, sich durch das grüne Dickicht zu quälen und dabei wertvolle Zeit zu verlieren. Ebenso können schützenswerte Biotope als Sperrgebiete in die Laufkarte eingezeichnet werden. Man kann also auch das Querlaufen in bestimmten Maßen lenken. Die Kinder und Jugendklassen laufen ohnehin meist auf Wald- oder Wanderwegen. Somit wird Wild, das tagsüber in den Einständen ruht, nur selten hochgemacht.

Auch der Faktor Zeit spielt in mehreren Situationen eine wichtige Rolle: die Wettkämpfe finden meist nicht vor 10 Uhr vormittags und meist nicht nach 17 Uhr nachmittags statt. Für Auf- und Abbau werden noch einmal maximal zwei Stunden Vorlaufzeit oder Abbauzeit benötigt. Somit kommt es in den Sommermonaten von Mai bis September zu keinen zeitlichen Überschneidungen während der Ansitzzeiten und der damit einhergehenden gesetzlichen Jagdzeiten des Jägers. Natürlich kann auch schon einmal eine Veranstaltung im April oder Oktober durchgeführt werden, doch dies ist eher selten der Fall. Während der Rehbrunft von Ende Juli bis Mitte August stehen ohnehin keine Wettkämpfe im Terminkalender, ebenso zur Hauptjagdzeit ab Ende Oktober bis zum 15. Januar, dem Ende der Jagdzeit auf Rehwild in Bayern.

Das Gelände – oder wie der OLer sagt "die Karte" – wird normalerweise nur drei bis vier Mal für einen Wettkampf verwendet, dann ist der Wald für die Läufer bereits zu bekannt und der Veranstalter sucht sich ein neues Wettkampfgebiet. Auch damit ist die zeitliche Belastung begrenzt.

Es bleibt noch die Frage: "Was macht dann der Läufer, wenn kein Wettkampf ist?" Nun, er trainiert. Aber auch dieses Vereinstraining sollte abgesprochen werden, wenn es denn im Wald stattfindet. Der Jäger bzw. Jagdpächter sollte die Information vom Vereinsverantwortlichen einfordern, wann dieser plant, mit seinen Kindern und Jugendlichen im Wald zu trainieren, damit dies dann eben nicht gerade an den üblichen Ansitzzeiten am Abend geschieht.  Somit mutiert der Orientierungsläufer nicht zum anonyme Einzelläufer, der in den frühen Morgenstunden oder in der Abenddämmerung am Hochsitz vorbei joggt, sondern er sieht sich als verantwortungsvoller Naturnutzer, der die Belange der Jagd respektiert.

Doch auch der Jäger steht in der Verantwortung, dass er seinen Wald fairen Sportlern zugängig macht, um (nicht nur) Kinder und Jugendlichen den Wald als kostbares Naturgut greifbar und erlebbar zu machen. Sein Image wird es ihm danken.

Text + Bilder: Siegfried Liebl, langjähriger Jäger, Jagdpächter und aktiver Orientierungsläufer

 

Link:
Informationen zum Thema "Orientierungslauf und Umwelt": https://o-sport.bayern/mehr-ol/ol-und-umwelt